
Die gesetzlichen Vorgaben zur Materialzusammensetzung von Produkten sind für herstellende Unternehmen genauso relevant wie sonstige produktsicherheitsrechtliche Vorgaben. Die Einhaltung von Material-Compliance-Anforderungen ist damit nicht nur in der Europäischen Union, sondern auch global von großer Bedeutung. Es gibt international hunderte Regelwerke, die die Verwendung bestimmter Substanzen in Produkten beschränken oder verbieten.
Allein z.B. in den einzelnen Bundesstaaten der USA gibt es zusammen genommen ca. 377 Material-Compliance-Regelwerke. Neben den föderalen Gesetzen (z.B. Toxic Substances Control Act (TSCA) in den USA) kann es noch eigene subföderale Vorschriften in den einzelnen Bundesstaaten (z.B. USA), Provinzen und Territorien (z.B. Kanada) geben. Eine Recherche der Anforderungen kann insoweit sehr herausfordernd sein.
Die Herausforderung zur Einhaltung der Materialvorgaben liegt sowohl in den internationalen (Zu)lieferketten, unterschiedlichen Ansätzen und Grenzwerten von Stofflisten sowie vielen Ausnahmen und im Einzelfall verschiedensten Interpretationen.
Voraussetzung für die Produkthersteller ist es, sich über die geltenden Anforderungen in den Zielmärkten zu informieren und sicherzustellen, dass die produzierten Waren den jeweiligen Vorschriften entsprechen. Das erfordert eine sorgfältige Überwachung der internationalen Gesetzgebung, die Zusammenarbeit mit Lieferanten und die Implementierung effektiver Systeme zur Materialkonformität entlang der Lieferkette.
Durch die Erfüllung weltweit geltender Material-Compliance-Vorgaben können Unternehmen die Anforderungen ihrer Kunden erfüllen, rechtliche Konsequenzen vermeiden, ein positives Image aufbauen, und gleichzeitig einen positiven Beitrag zur Gesundheit der Menschen und dem Schutz der Umwelt leisten. Unternehmen, die heute dafür sorgen, dass ihre Produkte keine Verbotsstoffe enthalten, werden morgen doppelt konkurrenzfähig sein und sich einen erheblichen zeitlichen Vorsprung im internationalen Wettbewerb sichern.
Einige Länder haben ähnliche Regulierungen wie die REACH-Verordnung der EU eingeführt. Beispielsweise hat die Türkei eine Verordnung namens KKDIK (Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe) erlassen, die den Registrierungsprozess und die Kontrolle von Chemikalien in der Türkei regelt. Weitere Länder sind:
uvm.
Auch wenn die Anforderungen, denen der EU-REACH-Verordnung ähneln, bleibt es in sehr vielen Ländern eine Herausforderung, die sich daraus ergebenden konkreten Pflichten für ausländische Hersteller von Erzeugnissen zu ermitteln.
Im Zusammenhang mit der Beschränkung gefährlicher Substanzen in elektrischen und elektronischen Geräten gilt die RoHS-Richtlinie der EU als globales Vorbild. Zahlreiche Länder (darunter u.a. China, Japan, Südkorea, Vietnam, Indien, Türkei, Saudi Arabien, etc.) haben RoHS-ähnliche Vorschriften erlassen, die sich in der Regel auch auf die gleichen Stoffe beziehen.
Die auf den ersten Blick ähnlichen Regelungen können sich jedoch im Detail erheblich unterscheiden, wenn es um die Umsetzung der Anforderungen geht. So werden zum Teil auch Materialanalysen und Zertifizierungen durch Dritte gefordert. Ebenso unterschiedlich kann es bei den betroffenen Produkten aussehen. Da in diesem Zusammenhang auch häufig eine Kennzeichnung gefordert wird, ist das Wissen um die Hintergründe entscheidend.
Material Compliance ist auch im beliebten Zielmarkt USA von großer Bedeutung und unterliegt verschiedenen gesetzlichen Anforderungen, darunter insbesondere dem federalen bzw. bundesstaatenübergreifenden Toxic Substances Control Act (TSCA) und im Bundesstaat Kalifornien der California Proposition 65.
Der TSCA ist das bereits 1976 verabschiedete Hauptgesetz zur Regulierung chemischer Stoffe in den USA. Durch den Frank R. Lautenberg Chemical Safety for the 21st Century Act wurde das Gesetz aktualisiert und die zuständige Environmental Protection Agency (EPA) mit neuen Befugnissen ausgestattet, um Risikobewertungen für bestehende und neue Chemikalien durchzuführen sowie entsprechende Vorschriften zum Verbot bzw. zur Beschränkung von „Hochrisikosubstanzen“ zu erlassen. Dies resultierte Anfang 2021 in dem Erlass von neuen Regelungen für fünf persistente, bioakkumulierbare und toxische (PBT) Stoffe (darunter PIP 3:1, eine häufig in elektrischen Komponenten vorkommende Substanz, die bislang global nicht reguliert war). In naher Zukunft sind weitere Regulierungen zu erwarten, die sämtliche Unternehmen, die Erzeugnisse in die USA exportieren, betreffen werden.
Die California Proposition 65, auch als Safe Drinking Water and Toxic Enforcement Act von 1986 bekannt, ist ein kalifornisches Gesetz, das vor schädlichen Chemikalien schützen soll, von denen bekannt ist, dass sie Krebs oder Fortpflanzungsschädigungen verursachen. Die aktuelle Stoffliste umfasst mehr als 1.000 Substanzen. Die Exposition gegenüber diesen Chemikalien kann bei der Verwendung von Produkten erfolgen (z.B. durch Hautkontakt, Inhalation, etc.). Eine Exposition kann auch in Wohnungen, an Arbeitsplätzen oder in anderen Umgebungen (z.B. Freizeitparks, Hotels, Tankstellen, etc.) auftreten. Mit der klaren und angemessenen Warnung sollen die kalifornischen Bürger die Möglichkeit haben, zu entscheiden, ob sie die Exposition akzeptieren oder nicht. Auch Hersteller von Bauteilen müssen möglicherweise Warnhinweise an den Hersteller des Endprodukts weitergeben: Sind die Arbeitnehmer bei der Montage gelisteten Chemikalien ausgesetzt? Ist ein Warnhinweis auf dem Fertigerzeugnis erforderlich? Die Risiken für Unternehmen sind immens, da jede öffentliche Institution, aber auch jeder kalifornische Bürger Klage an einem ordentlichen Gericht einreichen kann.
Des Weiteren können in den USA auch branchenspezifische Regelungen zur Material Compliance gelten. Beispielsweise hat die Elektronikindustrie spezifische Anforderungen für die Verwendung von Blei, Quecksilber, Cadmium und anderen gefährlichen Stoffen in elektronischen Geräten. Die Automobilindustrie unterliegt strengen Vorschriften in Bezug auf Materialien, die in Fahrzeugen verwendet werden, um die Sicherheit von Fahrern, Insassen und Umwelt zu gewährleisten. Um die Material Compliance in den USA zu gewährleisten, sollten Unternehmen über die geltenden Gesetze und Vorschriften informiert sein und sicherstellen, dass ihre Produkte den entsprechenden Anforderungen entsprechen. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit Lieferanten, die Bereitstellung von Dokumentationen und die Umsetzung von effektiven Systemen zur Überwachung und Kontrolle der verwendeten Materialien.
Product & Material Compliance Expert
und Mitglied im Expertenforum „Global Environmental Compliance“ vom IPA Fraunhofer
Material & Environmental Compliance Consultant
und Mitglied im Expertenforum „Global Environmental Compliance“ vom IPA Fraunhofer
Fragen, zu denen wir Unternehmen bereits beraten haben:
Gibt es für TSCA eine Liste, die man bei Lieferanten abfragen kann?
Findet die TSCA-Verordnung auch Anwendung, wenn man nur Zulieferer ist?
Können Sie uns die Restriktionen für Blei weltweit einfach und verständlich aufbereiten?
Die Anforderungen in Bezug auf Material Compliance und Umweltthemen können in den USA in den einzelnen Bundesstaaten sehr variieren. Kalifornien ist bekanntermaßen am umfangreichsten reguliert. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber (leider) nicht, dass automatisch sämtliche Anforderungen in allen anderen Bundesstaaten (mit) abgedeckt sind, wenn die kalifornischen Anforderungen erfüllt sind.
Es ist wichtig, die unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Länder zu kennen. Ein China-RoHS konformes Gerät muss nicht EU-RoHS konform sein und andersherum.
A. Rösslein, Expert Product Compliance, Stäubli Electrical Connectors AG
Effizientes Wissensmanagement:
Wir helfen Ihnen, die in Ihren Zielmärkten geltenden gesetzlichen Anforderungen zu ermitteln, zu verstehen und aktuell zu halten.
Materialprüfung & Stoffinventar:
Wir unterstützen Sie bei der Identifizierung und Dokumentation der in Ihren Produkten verwendeten Materialien.
Zielführende Entscheidungsfindung:
Wir beraten Sie bei der Risikobewertung und der Erstellung einer Material-Compliance-Strategie.
Effektive Prozessoptimierung:
Wir begleiten Sie bei der Implementierung hilfreicher Material-Compliance-Prozesse einschließlich der Dokumentation und Schulung Ihrer Mitarbeitenden.
Smartes Lieferantenmanagement:
Wir helfen Ihnen dabei, effiziente Abfragen von Lieferanten durchzuführen und beim Umgang mit Kundenanfragen.
Wenden Sie sich gern mit Ihren Fragen und Ihrem Gesprächsbedarf an unsere Expertinnen und Experten rund um Material Compliance.
Bitte beschreiben Sie Ihr Anliegen so detailreich wie nötig und so kurz wie möglich. Gern können Sie auch ggf. notwendige Dokumente anhängen.
Wir freuen uns darauf, Sie zu beraten!
B.A.
Linda Kritzler
Material & Environmental Compliance Consultant
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